hallo!
dies ist die ausarbeitung meiner mitschrift von unserem experteninterview mit herrn gerdes. ich habe die reihenfolge des interviews hier nicht beibehalten, sondern den inhalt nach themen sortiert. die original-mitschrift werd ich hier nicht veröffentlichen, da sie ziemlich durcheinander ist und oft zwischen den themen gesprungen wurde.
Interview Albert Gerdes (Ausarbeitung der Mitschrift)
Motivation
G. engagiert sich schon seit 1998 im Bereich Wissenschaftsvermittlung, beteiligte sich 2002 am „Jahr der Geowissenschaften“. Er sieht eine Bringschuld der Wissenschaft der Öffentlichkeit gegenüber, z.B. im Bereich Klima und Meeresforschung.
Die Ausschreibung zu Stadt der Wissenschaft war 2003 und bei der Bewerbung war es auch ein Motivationsgrund, das Image Bremens als Wissenschaftsstadt zu festigen.
Auf die Frage nach seinen Erwartungen an das Projekt sprach G. von einem Außen- und einem Innenaspekt. Nach außen soll der Dialog mit spezifischen Zielgruppen, zum großen Teil auch aus der Wirtschaft) angeregt werden, auf regionaler Ebene sollen Menschen aus Bremen, Bremerhaven und Umgebung mit den ca. 500 Veranstaltungen angesprochen werden. Um ein bundesweites Echo zu erzielen erscheint das Wissenschaftsmagazin mit einer Auflage von 1,6 Mio., es liegt verschiedenen Zeitungen bei. Als Binneneffekt sollen Wissenschaftler dazu angeregt werden, sich in gemeinsamen Projekten einer verständlichen Sprache zu bedienen und damit Wissenschaft für die Bevölkerung transparent zu machen.
Struktur
Ein Organigramm zur Stadt der Wissenschaft existiert nicht. Der Aufbau der Stadt der Wissenschaft-Struktur ist nicht hierarchisch gegliedert. Die Geschäftsstelle erfüllt Sekretariatsaufgaben, z.B. werden hier die Plenum-Verteiler gepflegt, der Schriftverkehr abgewickelt, die Eröffnungsfeier geplant, sie agiert auf der administrativen Ebene. Der Steuerungskreis ist zuständig für die Verteilung der Gelder und andere finanzielle Entscheidungen, er beschließt die Inhalte des Wissenschaftsmagazins und sammelt die Plenumvorschläge. Er besteht aus fünf Personen: Gerdes, Wefer, Margarete Pauls, Klaus Sondergeld, ???. Der Steuerungskreis Bremerhaven arbeitet in seinem Bereich selbständig und wird geleitet von Margarete Pauls.
Der Beirat trifft sich zweimal jährlich, ihm gehören Vertreter aus Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft an, den Vorsitz hat Lemke.
Die persönlichen Aufgaben von G. erstrecken sich von der Vorbereitung der Lenkungskreissitzungen, Plenumsitzungen über die Teilnahme an Projektgruppensitzungen, Bearbeitung von Anfragen (z.B. auf Teilnahme von Wissenschaftlern), Vermittlung und Kommunikation nach innen, Lektorarbeiten für das Wissenschaftsmagazin bis hin zur Kontaktpflege zu den Medienpartnern und dem Stifterverband, also zusammengefasst „strukturelle Dinge bis Kleinkram“. Direkte Anfragen von Bürgern an ihn sind jedoch bis jetzt noch nicht vorgekommen.
Organisation
Die Kommunikation innerhalb des Gesamtprojektes läuft über das Plenum. Hier werden Projekte vorgestellt und es wird über ihren Fortgang berichtet. Diese Treffen finden einmal im Monat statt und dienen als „Marktplatz der Ideen“. Insgesamt sei die Kommunikation persönlich und unkompliziert.
Auf Probleme angesprochen betont G. hauptsächlich solche finanzieller Art, das Setzen von Programmhighlights hatte zur Folge, dass selektiert werden musste. Daher konnten einige Projektvorschläge nicht beachtet werden und wurden abgelehnt. Es gab in solchen Fällen ein offenes Gespräch mit den Initiatoren über die Gründe der Entscheidung.
G. spricht an, dass das Engagement innerhalb der verschiedenen Universitäten/Hochschulen ungleich verteilt ist. So hält sich die IUB zum Teil sehr zurück, was G. mit der Tatsache begründet, dass die IUB marktwirtschaftlich handeln muss und „sich Idealismus“ nicht so sehr wie die anderen leisten kann. Dass die Hochschule Bremen unterrepräsentiert ist, liege eventuell an mangelndem Engagement einiger Personen. Jedoch haben sich auch einzelne Mitglieder der Hochschule sehr stark eingebracht, z.B. beim Wissenschaftsmagazin.
Dass die Universität sich so umfangreich engagiere, liege zum einen daran, dass die Forschung zum großen Teil aus Steuergeldern finanziert sein und dies am ehesten durch Transparenz zu rechtfertigen sei.
Die Rolle der Stadt Bremen war zunächst einmal durch den Bildungssenator gegeben, in dessen Auftrag die Bewerbung zu Stadt der Wissenschaft stattfand. Es findet ein reger Austausch mit der Stadt statt, da es schließlich bei dem Gesamtprojekt auch um die Repräsentation der Stadt gehe. So gab es auch keine Behinderungen durch die Stadt, die Projekte wurden nach besten Kräften unterstützt.
Weitere Unterstützung gab es von Bremen Marketing, besonders erwähnt wurde Klaus Sondergeld, der Kulturhauptstadt Intendanz und der Wirtschaft, hier vor allem durch die Handelskammer, die Kontakte auf betrieblicher Ebene sollen eher durch die Stadt der Wissenschaft aktiviert/intensiviert werden.
Die terminliche Planung wurde von den jeweiligen Projektleitern in Eigenregie gehandhabt, es wurde nur bei Ballungen eingegriffen, um zu verhindern, dass z.B. zwei Großveranstaltungen am gleichen Termin stattfinden. Urlaubs- und Ferienzeiten wurden bei der Planung der Veranstaltungen beachtet, so beginnt z.B. die Ausstellung in der Unteren Rathaushalle vor den Ferien und streckt sich auch auf die Ferien aus, somit ist sie für Schüler und auch für Touristen interessant.
Neben finanziellen Problemen kam es durch Überbelastung und Zeitmangel oft zu Missverständnissen, da telefonische Absprachen oft nicht schriftlich fixiert wurden und später nicht mehr eindeutig in Erinnerung waren. Eventuell wäre eine weitere Person, die sich nur um die Bearbeitung des Schriftkrams kümmern würde, hilfreich. Jedoch habe sich die Struktur bewährt, durch die geringe Personenzahl wird Flexibilität gewährleistet und es können schnell Entscheidungen getroffen werden. Aus Zeitmangel konnte G. ein von ihm geplantes Filmprojekt nicht in die Tat umsetzen.
Die Überbelastung kam vor allem durch den Zeitdruck zustande, zwischen Finale im März 2004 und der Eröffnungsfeier lagen nur elf Monate. Trotzdem sei eine längere Vorlaufzeit nicht unbedingt förderlich, da die Aufgaben meist aufgeschoben werden.
Werbung
Es gibt Verabredungen mit den Medienpartnern zu regelmäßigen Berichte über die Stadt der Wissenschaft, so druckt der Weserkurier jeden Montag eine Vorschau über die Termine der kommenden Woche, auch bei Buten & Binnen gibt es eine Serie, die jeden Dienstag berichtet. Pressemitteilungen werden auf jeden Fall regional, bei Großveranstaltungen auch überregional veröffentlicht. Wenn Veranstaltungen anstehen, setzt G. sich persönlich mit Medienvertretern (z.B. dpa) in Verbindung, um sie darauf aufmerksam zu machen. Die Werbung läuft dezentral, die Projektleiter müssen sich selbst an die Uni-Pressestelle wenden. Hier traten teilweise Probleme auf, da in den so veröffentlichten Informationen keine Zuordnung zu Stadt der Wissenschaft stattfand und somit eine Identifikation einzelner Projekte fehlt. G. hat keine Informationen darüber, ob die geplante Markierung der Veranstaltungen selbst durch Banner umgesetzt wurde.
Während der Bewerbungsphase wurde „heimlich“ agiert, doch ab dem gewonnenen Finale (15. März 2004) wurde die Öffentlichkeit informiert und geworben. Eine professionelle Agentur wurde mit der bundesweiten Beobachtung der Printmedien beauftragt. Aus der Bevölkerung gab es bis keine Rückmeldung auf die Medien oder die Werbung, hier soll die Evaluation ansetzen und eine Rückmeldung über die Bevölkerungsresonanz und die Wirkung der Projekte bieten.
Es gibt noch keine Antwort auf die Frage, ob genug berichtet und geworben wurde. G. erwartet, dass vor allem die Ausstellung „Entdeckungen“ in der Unteren Rathaushalle und die Container erfolgreich sein werden. Das Projekt „Quantenschaum“ war schon ein voller Erfolg, andere laufen dagegen schleppend. Es wird dann geprüft, warum es auf einzelne Projekte nur wenig Resonanz gab, so z.B. bei „Benjamine der Wissenschaft“. G. gibt an, dass Kommunikation mit Schulen generell schwierig sei und dass Informationen oft untergehen, wenn Einladungen nicht direkt an die Lehrer gerichtet werden.
Auch ist das Geld für die Werbung nur knapp bemessen, es werden nur wenige Anzeigen geschaltet. Jedoch helfen die vielen Berichte im Hörfunk, die wenigen Anzeigen aufzufangen.
Sponsoring
Das Preisgeld wird vom Stifterverband bereitgestellt, dieser wird wiederum durch die Industrie gesponsert. Das Projekt wird außerdem von Bremen Marketing (also durch Steuergelder) und weiteren Sponsoren finanziert. Die Forschungseinrichtungen stellen Personal und Arbeitszeit und liefern dadurch ihren Beitrag zum Gelingen des Projektes.
Der Etat beträgt 1,4 Mio. Euro, über die Verteilung entscheidet der Steuerungskreis.
Das Ziel ist es , so viele Projekte wie möglich mit freiem Eintritt zu ermöglichen, nur bei Veranstaltungen wie Kinovorführungen oder Theaterstücken wird Eintritt verlangt. Dies dient dann der Kostendeckung, wie z.B. den Schauspielergagen.
Abschluss
G. sieht das Projekt als erfolgreich an, wenn es auf interner Ebene konfliktfrei abgeschlossen wird, wenn es positives Feedback durch die Medienpartner und den Stifterverband gibt und die Besucherzahlen hoch sind. Außerdem soll die Wirkungsforschung die Resonanz der Bevölkerung aufzeigen.
Die Strukturen bleiben auch nach Beendigung der Projekte erhalten, definitive Planungen gehen bis 2011. So ist z.B. das Haus der Wissenschaft eine Institution, die sich mit freien Veranstaltungen der Wissenschaftsvermittlung verschreibt.
G. sieht den Trend, dass Wissenschaft mehr und mehr Interessenten in der Öffentlichkeit findet, so gibt es vermehrt Plätze für Wissenschaft in den Medien, oft auch zur Hauptsendezeit. Naturwissenschaft wird oft interessant durch Katastrophen wie Tsunamis, Erdbeben, Vulkanismus, danach gibt es umfangreiche Berichte und viel Resonanz. Die Wissenschaft kann jedoch nur Anstöße zur Wissenschaftsvermittlung geben, hier müssen die Schulen mehr leisten und Schlüsselfiguren wie Journalisten und Lehrer müssen aktiver sein. Deutschland vertritt die Philosophie, eine Wissensgesellschaft zu sein und verkörpert dieses ideale Menschenbild.
Die Evaluation soll handfeste Informationen darüber liefern, wie Besucher auf die Veranstaltungsformate reagiert haben. Wichtig ist für die Veranstalter, vor allem zu erfahren, was nicht funktioniert hat und was zu kritisieren ist. Die sei viel wichtiger als das oft vermittelte positive Feedback.